Wenn Maria Montessori selbst sehr fachkundig über Bewegung und körperliche Ertüchtigung schreibt, wird sie merklich zornig auf ihre Ärzte-Kollegen. Bewegung habe im Alltagsleben und in der Entwicklung des Kindes eine untergeordnete Rolle im Dienst der physischen Gesundheit.
Dieser Meinung ist Maria Montessori aber absolut nicht.
Sie hält gar nichts davon, zum Ausgleich von der “richtigen” Arbeit Sport zu treiben, um sich fit zu halten. Auch die nebensächliche Rolle, die Turnen als Schulfach und Aktivität im Kindergarten hat, geht ihrer Meinung nach am Eigentlichen völlig vorbei.
Sie sieht die Bedeutung der Bewegung für das menschliche Leben und die Entwicklung zu einem unabhängigen Menschen so:
Bewegung und intellektuelle Tätigkeit sind zwei Seiten derselben Sache
Der Mensch ist als intellektuelles Wesen nicht von seinem Körper getrennt, sondern massiv darauf angewiesen.
Ohne die Bewegung unserer Muskeln, so Montessori, könnten wir nur wenig über die Welt erfahren und schon gar nichts von unserem Erleben mitteilen.
Über die Bewegung konstituiert sich ein Kind schon im Mutterleib als eigenständige Person
Je mehr es sich motorisch weiterentwickelt, desto eigenständiger und unabhängiger wird es. Das kann man sehr schön daran beobachten, wie ein Kind sich mit dem Krabbeln und später mit dem Gehen und Laufen immer weiter von seinen Bezugspersonen entfernen kann und dabei immer mehr zu einer eigenen Persönlichkeit heranwächst.
Ohne Bewegung keine Entwicklung des Intellekts und der Psyche.
Der Mensch, dessen physisches Zentrum das Gehirn ist, bleibt über sein Nervensystem stets mit seiner Umwelt verbunden
Das Nervensystem bezeichnet die Medizinerin Montessori als das “Außenministerium” der Person, das ihr erst zur intellektuellen und spirituellen Selbstverwirklichung verhilft. Das Nervensystem muss in dieser wichtigen Rolle durch Bewegung und aktive Wahrnehmung stets weiter trainiert werden.
Ansonsten bleibt der Mensch in sich selbst gefangen und unvollständig. Alles, was wir unter dem Begriff “Lernen” zusammenfassen, passiert über das Nervensystem, beruht also auf Wahrnehmung und Bewegung.
Bewegung ist das, was die belebte von der unbelebten Welt trennt
Alles, was aufhört sich zu bewegen, ob nun Pflanze, Tier oder Mensch, stirbt.
Demnach ist ein Mensch, der alle ihm angeborenen Funktionen erfüllt auch ein Mensch, der sich bewegt.
Als Maria Montessori “Der absorbierende Geist. Das kreative Kind” (Hier übrigens unser Artikel über den absorbierenden Geist), ihr Werk über die ganzheitliche Entwicklung des Menschen schreibt, lebt sie schon seit zehn Jahren in Indien. Dieses Land mit seinen reichen spirituellen Traditionen, die, wie etwa das Yoga, durchaus körper- und bewegungsfreundlich sind, scheint Maria Montessori berührt und verändert zu haben.
Wenn sie davon schreibt, dass jede und jeder einzelne durch die Bewegung des Körpers und durch Arbeit zum Wohl der ganzen Welt beiträgt, hat das etwas entschieden Spirituelles an sich.
Zusammenfassend kann man also sagen:
- Bewegung ist ein ebenso ursprünglicher wie entscheidender Ausdruck unseres Menschseins
- sie ist die grundlegendste Form der Weltaneignung
- Bewegung gewährleistet, dass eine Person intellektuell und emotional mit der Welt um sie herum in Verbindung bleibt
- Bewegung ist daher auch eine spirituelle Übung, die uns hilft, unseren Platz in der Welt zu finden.
Kinder brauchen Bewegung, damit sie sich intellektuell und psychisch weiterentwickeln können.
Und sie brauchen viel davon: Mehrere Stunden pro Tag, und am besten kombiniert mit vielen Anregungen für Sinne und Fantasie.
Mehr über Bewegung & Aktivitäten
- In unserem Artikel „Ideen für Bewegungsaktivitäten im Freien“ findet ihr eine Menge Inspirationen, was ihr mit Euren Kindern in der Natur alles unternehmen könnt.
Auch unsere Artikelserie zu den verschiedenen Jahreszeiten möchten wir Euch ans Herz legen:
- Montessori Aktivitäten im Frühling
- Montessori Aktivitäten im Sommer
- Montessori Aktivitäten im Herbst
- Montessori Aktivitäten im Winter